09.-11.03.2018
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1. Saar-Pfälzer Homöopathie-Tage 2007
in Homburg / Saar vom 23. - 25.02.2007

Thema: "Schwere Pathologien in der homöopathischen Praxis"
mit Tjado Galic

Endlich war es soweit: die Saar-Pfalz Region hatte ihre ersten Homöopathie-Tage.

Den Auftakt bildete Tjado Galic mit dem Thema "Schwere Pathologien in der homöopathischen Praxis". Tjado Galic brachte mehrere Kasuistiken mit, die als Grundlage zur Veranschaulichung von Behandlungsstrategien, Verlaufbeurteilung und -auswertung dienten.

Was versteht man in der Homöopathie unter "Schwerer Pathologie"?

Am Beispiel der ersten Kasuistik, ein Mann mit Verdacht auf Peritonsillarabszeß, erarbeiten die Teilnehmer das Vorgehen bei hochakuten, symptomenarmen, eventuell lebensbedrohlichen Fällen.
Wann ist eine Mittelwirkung eine Mittelwirkung? Woran erkennen wir bei akuten Verschreibungen den positiven Einfluss der Verschreibung? Ein gutes Krankheitsverständnis und eine genaue Verlaufsbeobachtung sind dafür unbedingt wichtig. Im ersten Fallbeispiel beobachtet man einen ungewöhnlichen Fieberverlauf. Eine paradoxe Thermoregulation im akuten Entzündungsprozess lässt zumindest an eine drohende Sepsis denken. Differentialdiagnostisch werden die möglichen Zustände besprochen, wobei deutlich wird, wie wichtig schulmedizinisch fundiertes Wissen zur Einschätzung der Situation und für die Arzneimittelwahl ist. Die verschiedenen Behandlungsvorschläge der Teilnehmer werden diskutiert.

Tjado Galics Strategie beginnt mit mehreren möglichen Hypothesen:
  • Was ist hier los?
  • Was droht?
  • Wie lässt sich die Dynamik dieser Krankheit erfassen?
  • Welche Symptome bilden den vorliegenden Prozess am deutlichsten ab?
  • Wie repertorisiere ich diese Krankheitsdynamik?
Es geht dabei in der Diskussion nicht um einzelne Symptome sondern um die Systematik in der Fallanalyse.

Im vorliegenden Beispiel beginnt die Erkrankung mit Schnupfen, gefolgt von Steifigkeit in der Nackenmuskulatur und einer starken schmerzhaften einseitigen Tonsillenschwellung. Der Krankheitsprozess drückt sich in seiner Dynamik aus, in dem Fortschreiten bis zum Einbeziehen der Muskulatur mit der schmerzhaften Steifigkeit. Diese Dynamik muss sich in der Repertorisation widerspiegeln. Gibt es individualisierende Symptome in diesem Zustand? Der Verschreibung am Abend folgt die Rückmeldung der Ehefrau in der Nacht: Ihr Mann fiebert noch mehr und ist delirös, eine prekäre Situation. Puls, Atemfrequenz und Blutdruck sind nur knapp im Toleranzbereich. Die Schmerzen im Hals scheinen geringer zu werden: er kann wieder trinken. Am nächsten Tag ist die Krise überstanden. Es läuft ihm Eiter in den Hals, die Schwellung ist deutlich rückläufig und das Fieber gesunken. Die Auswertung erfolgt auf der Grundlage des Fallverständnisses, keine Pauschalregeln. Die erste Reaktion muss aber da stattfinden, wo die Pathologie sitzt. Wie wichtig auch in diesem Fall medizinisches Grundwissen ist, wird schnell klar.

Anhand von Videoaufzeichnung einer Anamnese-Situation in der Praxis, geräuschvoll und symptomenarm, über ein Kind mit postakuter tuberkulöser Meningitis und Verhaltensauffälligkeiten durch erhöhten Hirndruck, bespricht Tjado Galic neben vielen medizinischen und differentialdiagnostischen Hinweisen wieder die Annäherung an das Fallverständnis über die Arbeitshypothese:
  • Erfassen der Krankheitsdynamik
  • Repertorisation mit Individualisierung
  • Verlaufsanalysen
  • Metaanalyse
Mehrmals wird das kurze Video angeschaut, und dabei werden viele Aspekte von Fallaufnahme und Fallverständnis beleuchtet.

Ein weiterer Video-Fall mit Myasthenia gravis zeigt unter anderem, wie leicht Symptome fehlinterpretiert werden können. Das regungslose Gesicht des Patienten und seine unmodulierte Sprache lassen an einen depressiven Zustand denken. Das Fallverständnis auf der Basis von medizinischem Wissen über die Charakteristika der Myasthenia gravis zusammen mit der passenden Übersetzung in prägnante Repertoriumsrubriken und dem Studium der Materia Medica führen zur Verschreibung. Überzeugend ist die Auswahl weniger, die Krankheitsdynamik widerspiegelnder Rubriken auch in den symptomenarmen Fällen. Die Mittelwahl wird letztlich immer auf nur wenige Rubriken gestützt, die aus dem Fallverständnis abgeleitet sind und den Fall eindeutig repräsentieren.

Im Sinne Hahnemanns betont Tjado Galic, wie wichtig die Berücksichtigung des spezifischen Krankheitsprozesses neben den individualisierenden Symptomen ist. Die Erarbeitung der Verlaufsparameter entwickelt sich aus dem jeweiligen Fallverständnis auf Grundlage medizinischer und homöopathischer Kenntnisse. Eine zusätzliche Metaanalysae vertieft das Fallverständnis im Langzeitmanagement.

Fazit: Trotz der sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen der Teilnehmer entwickelte sich ein spannendes Seminar. Tjado Galic versteht es mit Humor und einem enormen medizinischen und homöopathischen Wissen seine Zuhörer in den Bann zu schlagen. Jeder der Teilnehmer kürzte sogar bereitwillig die Pausen und blieb auch gerne mal eine Stunde länger, um die Ausführungen mit den vielen kleinen Goldkörnchen und Tipps für die tägliche Praxis nicht zu verpassen. Ein Film von Andreas Hesch über die Arbeit der "Homöopathen ohne Grenzen" bei der Tsunamihilfe in Sri Lanka rundete das Seminar ab.

Erdmute Erben, Goethestr. 59, 64285 Darmstadt

 

Tjado Galic spht 07 Heilsteine-Welt